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Punk-Bands
Die Geschichte des Punks Punk Literatur Autor Rottens Z.Blanck
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Die 100 besten Alben der Achtziger
 

Ausgesucht von den Redakteuren des Rolling Stone
(Erschienen am 16. November 1989 im  Rolling Stone)
 

1. LONDON CALLINGTHE CLASH 

Dieses Album erschien zum Beginn des neuen Jahrzehns im Januar 1980 in den Staaten. Es hätte zu keinem besseren  Zeitpunkt erscheinen und von keiner geeignerten Band als den Clash aufgenommen werden können. 
London Calling war ein Hilferuf der letzten bösen Buben-Band des Rocks, ein sicheres Anzeichen das Armageddon (Ort an dem sich die bösen Geister vor dem großen Krieg in der Apokalypse versammeln,  im Englischen auch für eine politische Kathastrophe gebräuchlich) nahe war, die westliche Gesellschaft war im Kern faul, und der Rock & Roll brauchte einen kräftigen Tritt in den Arsch. 
Tretend und schreiend über ein Doppelalbum von neunzehn Liedern hinweg, daß Ska, Reggae-Musik. R&B, Dritte-Welt-Musik, Powerpop und leidenschaftlichen Punk beinhaltete, stürmten die Clash die Tore der Rockkonvention und setzten die Maßstäbe für das kommende Jahrzehnt  - musikalisch, politisch und emotional. Die Band legte schon zwei Meisterwerke mit wütendem Punk vor: "Clash" (dem Debütalbum von 1977) und "Give Ém Enough Rope". Aber diesmal hatten Sänger, Gitarrist und Texter Joe Strummer und Mick Jones die Clash-Weltansicht mit einer tieferen Empfindlichkeit sensibilisiert, die Probleme an einzelnen Individien und schonungslos der Wirklichkeit entsprechend aufgezeichnet. Während der kosmopolitische Klang der Langspielplatte den Weltmusik-Fimmel vorwegnahm, ruft die Botschaft  - die Revolution beginnt vor der Haustüre - das neue gesellschaftspolitische und sozial Bewußtsein der Achtziger in der Popmusik hervor. Strummer, Jones, Bassist Paul Simonon und der Drummer Nicky "Topper" Headon probten und zeichneten während des späten Frühjahrs und des Sommers 1979 den größten Teil der LP in ihrer Heimatstadt London auf, dort wo es für die bevorstehende Apokalypse reichliche Beweise gab (Rassenspannung, aufkommende Arbeitslosigkeit, wild-wuchernde Drogensucht). Strummers Katalog von Katastrophen in dem Titeltrack, unterstützt von Jones kräftigen Gitarrenriffs, setzten den Ton für die gesamte Platte. Aber diese Furcht und Eile war für die Clash auch sehr real, sie hatten sich von Manager Bernie Rhodes getrennt, waren verschuldet und erklärten dem "music business" offen den Krieg.
"Ich erinnere mich, unsere Angelegenheiten waren nicht geklärt, und dies gab uns das wirklich gute Gefühl von: Wir gegen den Rest der Welt", sagt Strummer. "Wir glaubten, wir rutschten an einem  Abhang herab  und mußten uns mit den Fingernägel irgendwo festkrallen. Und es gab niemanden, der uns helfen wollte."
Isolation und Verzweiflung sind die wiederkehrenden Themen auf "London Calling". Der Phil Spector Sound von "The Card Cheat" täuscht über den lyrischen Pathos des Textes hinweg, während "Hateful" die Drogensucht aus der Sicht eines Süchtigen schildert (Ich bin dankbar ein Niemand zu sein.). "Das war das Gefühl, daß das Leben eine Serie von schweren Schicksalsschlägen ist", bemerkt Jones, " das erfuhren wir Tag für Tag." "Lost in the Supermarkt", ein dunkler Song unterlegt mit peppigen Euro-Pop, basiert auf den persönlichen Erlebnissen von Jones zu dieser Zeit. "Ich wohnte in einer Sozialwohnung bei meiner Großmutter. Ich konnte nicht seßhaft werden. Und ich sollte dieser Rockstar sein - und lebte bei meiner Oma!" Jones und Strummer schrieben viele Lieder in ihrer Wohnung, bevor Jones schließlich auszog.
Das Album hat aber auch einen kämpferischen Geist wie bei "Clamptown" (Auch die Wut hat ihre Zeit, Zorn kann eine Kraft sein) oder Paul Simonon´s "The Guns of Brixton". Der Song verbindet Bilder der Rassenkrawalle im spannungsgeladenen Brixton (Stadtteil von London) mit der Outlow-Ethik von "The Harder They Come". 
"Spanish Bombs" ist inspirierte von einem Rundfunkbericht über einen Bombenleger und ruft den rebellischen Geist des spanischen Bürgerkriegs wieder hervor. 
London Calling wurde einfach deshalb ein Doppelalbum weil Strummer und Jones voller Energie sprühten. "Sobald Joe tippen lernte, hämmerte er eine Menge gutes Zeug herunter,"sagt Jones. "Dann mußte ich schon etwas an Musik hervorbringen, während er die Schreibmaschine bearbeitete."
Die Mitglieder der Clash verbrachten fast drei Monate  in einem Proberaum - einer Garage in Pimlico (Stadtviertel von London) - um das Material zu sichten, zu arrangieren, bevor sie dann  in das Aufnahmestudio gingen. Sie fügten ein paar Coverversionen hinzu, die ihre erweiterte musikalisches Sicht widerspiegelten, wie "Brand New Cadillac" von der britischen Rockabilly Legende Vince Taylor,  und "Wrong'Em Boyo", eine "Stragger Lee" Imitation der jamaikanischen Ska-Band "The Rulers".
Der Clash fanden in Guy Stevens den perfekten Produzenten, ein abtrünniger Gleichgesinnter mit tadellosen Referenzen (Er brachte die UK-Filialen von Sue-Records in den Sechzigern ans laufen) ein intuitives, wenn auch irres Genie, daß den Essenz des Rock´n´Roll auf die Platte bannte. Er promotete Free und Mott the Hoople, und hatte das erste Demo der Clash 1976 produziert. Er war in Ungnade bei der Plattenindustrie gefallen, aber die Clash fühlten, daß sie gerade ihn - den Verrückten -  für ihr Album brauchten.
"Wir fühlten uns sicher auf dem Balken und behielten  unsere Füße auf dem Steg", sagte Strummer. "Ich denke, etwas stirbt in der Musik, wenn sie in ein Korsett geschnürt wird, oder ein Steuerberater jede Bewegung überwacht."
Gar nicht eingeengt fühlte sich Stevens. Er goß Bier in das Klavier, wenn die Band es trotz seiner Einwände bei einem Lied benutzen wollte, oder er warf Stühle nach Strummer, falls es ihm einfiel eine Spur zu löschen. Stevens schlug beinahe Jones mit einer Leiter während einer Aufnahme.
Aber Jones sagt,  Stevens – er ist inzwischen gestorben - war ein wirklicher Topveräufer, und er "ermahnte uns mehr zu machen, die Intensität zu vergrößern und mehr Energie hineinzulegen". Stevens hatte auch einen guten musikalischen Instinkte. Die aktuelle Version von Brand New Cadillac auf der LP ist eigentlich ein "warm-up take". Topper Headon erzählt, "Wir sagten: Okay, jetzt machen wir es richtig, und Stevens sagte: Nein! Es ist großartig, laßt es so. Aber wir sagten: Warte eine Minute, es speeds up. Und er sagte: all rock speeds up. Und das war es."
Die Clash erfaßten schnell den Sound der Dinge. Das Prasseln am Anfang von "Guns of Brixton" ist kein Feuer, sondern das Geräusch als  Bandmitglieder die Velcro-Streifen  zerrissen. Sie hatten sich von den Lederdrehsesseln gelöst, die die Band aus dem Kontrollraum geklaut hatten.  Der Überraschungshit des Albums „Train of Vain" wurde in letzter Minute aufgezeichnet, so daß es keine Zeit mehr gab den Titel auf das Cover und dem Plattenlabel zu drucken. Es gibt auch keinen  Zug in diesem Lied. "Der Song hat eben diesen Zugrhythmus," sagt Jones, der das Meiste des Songs schrieb, "und es war wieder einmal das Gefühl des Verloren sein."
Seltsam, die Clash gingen nach London um zu ihren Ursprüngen zurückzukommen und heraus kam amerikanischer  Mainstream.
"Als ich das las, mußte ich lachen", sagt Joe  Strummer. "Die Vorstellung war für mich total  neu. Wir probten in einem Drecksloch in Pimlico mit einer Lichtquelle und schmutzigen Teppichen an den Wänden  zur Schalldämmung. Mainstream zu produzieren war das Letzte woran wir dachten." Er erinnert sich auch an den deutschen Skinheader, der jammerte:"Meine Großmutter mag "Wrong´Em Bojo" Was habt ihr mir angetan?" Strummer:"Ich sagte mir: Ist er noch in Ordnung? Vielleicht hätten wir seine Großmutter ja mehr verletzen sollen." 
In der Tat, die Clash zeigten einfach eine umfassendere Punk- und Popwelt, in der es mehr als einen Weg "to rock the house" gibt. 
Das Cover von London Calling ist an Elvis Presleys erstem Album angelehnt und zeigt  Paul Simonon, wie er seinen Bass auf einer New Yorker Bühne zertrümmert.  Das Bild sagt alles: Ein klassisches Rock´n´Roll Album  in dem Geist eines neuen Zeitalter produziert.

 

2. Purple Rain   Prince
3. The Joshua Tree  U2
4. Remain in Light   Talking Heads
5. Graceland   Paul Simon
6. Born in U.S.A.  Bruce Springsteen
7. Thriller   Michael Jackson
8. Murmur    R.E.M.
9. Shoot Out the Lights Richard and Linda Thompson
10. Tracy Chapman  Tracy Chapman